Berlin Crime Scene

Bücher. Analoges Medium. Oldschool. Und ich als alter Sack nutze es immer noch. Neulich bei Amazon (ja, im schwarzen Herzen es Bösen) wieder ein Buch gekauft. “Der nasse Fisch”, von Volker Kutscher. Ob der Autor mit Ashton Kutcher verwandt ist?

Setting ist das Berlin der 30er Jahre, die Story an sich nichts Besonderes, gut geschrieben aber alle mal. Bin noch nicht ganz durch, zwei Stunden vielleicht noch. 542 Seiten lese auch ich nicht an einem Nachmittag. Aber wieso schreibe ich darüber? Ich bin mal wieder in Berlin gelandet, in den 20er Jahren, irgendwo im Dreck und Schmutz. Und stelle fest, dass mir all das sehr gut gefällt.
Vermutlich liegt es an einem der ersten Bücher, die mich als Kind so richtig gefesselt haben. “Ali und die Bande vom Lauseplatz”, ein altes Buch aus der DDR, entstanden Ende der 50er Jahre. Ein Geschichte um die Kindheit 1923 im Arbeitermillieu, wenig zu fressen, Straßenschlachten zwischen den “Roten” und der bösen Polizei, Tschakos und Gummiknüppel, Schieber (Schwarzmarkthändler) und ein Bonbonladen. Vermutlich hat mich das damals angefixt.

Später kam dann Klaus Kordon, der die Zeit zwischen 1918 und 1945 in drei Büchern aufspreizt. Die 1919er Unruhen (Spartakus, rote Matrosen, Freikorps), dann die “Machtergreifung” 1933 und im letzten Band das Kriegsende und die Besetzung Berlins durch die Russen. Alles aus Sicht der Familie Gebhardt, einer Arbeiterfamilie aus dem Berliner Wedding.
Und wieder all die Mühsal, die die Menschen damals so bewegte – abgeranzte Hinterhäuser, Heimarbeit, Lebensmittelmarken, Arbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit. Und irgendwie geht es doch immer weiter. “Echtes Leben” halt. Kein Vergleich zum Gegurke anderer Bücher, in denen die Leute nicht mal aufs Klo gehen. Freunde werden zu Feinden, ob nun aus politischer Überzeugung oder weil die Kohle stimmt. Manche werden zu Helden, andere zu feigen Mitläufern. Und alle paar Meter findet sich wieder was, das man googlen kann und weiter in die echte Geschichte eintauchen kann. Das ist natürlich der Vorteil gegenüber reiner Fiktion – da hat es die Geschichte, die im luftleeren Raum schwebt.

So, dann gehe ich mal wieder auf die Couch. Weiterlesen.

One Response to “Berlin Crime Scene”

  1. Manfred sagt:

    Lesen bis der Arzt kommt?

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