Zu den Wurzeln

“We drove to the small village our family came from in Poland (formerly Deutschland) and saw the homes of my Oma, Opa, and their families.
While I left feeling like I’d finally concluded some sort of important thing, the fact that the current residents said (in Polish) that the new generation has forgotten the old wounds was important.
We need to build a future together. As a new generation, the past should not prevent us from creating a better future.”

So hat es mein kanadischer Cousin bei Facebook geschrieben. Und ich kann es kaum besser beschreiben. Wir hatten uns letzte Woche in Berlin getroffen und sind nach Kolsko (ehemals Kolzig) in Niederschlesien gefahren. Drei Stunden Fahrt, um mal zu schauen, wo man so herkommt. Bei ihm stammen sogar beide Großeltern mütterlicherseits aus dem Dorf, bei mir nur der Opa väterlicherseits.
Was soll man über Kolsko heute sagen? Ein kleines Dorf im Niemandsland, eine Kirche, ein stillgelegter Bahnhof und viel alte Bausubstanz. Hier und da ein bisschen marode, an anderer Stelle hübsch renoviert. Eigentlich wie in Deutschland auf dem Land auch – wo jemand da ist, der sich kümmert (und das Geld hat), ist es schön. Der Rest… nicht so.

Dank Chris´ Handy und der Übersetzung-App (reinsprechen in Englisch, Output in Polnisch nach 5 Sekunden!!!) kamen wir sogar schnell mit den Bewohnern in ein kleines “Gespräch”. Nachdem seine Mutter einfach durch eine offene Tür in Haus stürmte, das gerade renoviert wurde…
Ein älterer Mann brachte uns zwei Straßen weiter zu einer Frau, die in Bremen als Altenpflegerin arbeitet und entsprechend gut Deutsch sprach. Dabei wurde einem klar, wie klein dieses Dorf wirklich war – und ist. Ein Haus, vor dem wir gestanden hatten, war das Elternhaus von Chris´ Großvater. Vor dem Krieg. Und nach dem Krieg war es das Elternhaus unserer Gesprächspartnerin. Klein die Welt, noch kleiner Kolzig.

Der Mangel an Renovierung machte den Ausflug besonders spannend. In der Straße vor Opas Elternhaus (damals ein Bauernhof, heute Autowerkstatt) liegt noch Kopfsteinpflaster. Und so wie das aussieht, könnte vor 80 Jahren mein Opa darauf laufen gelernt haben. Ebenso wie die Treppe in der Schule und andere Sachen. Vieles wurde in Deutschland nach dem Krieg und “vor meiner Zeit” abgerissen, hier in Kolsko nicht.

Letztlich machte der Ausflug zwei Sachen deutlich – den heutigen jungen Bewohnern ist die Geschichte ihres Dorfes nicht egal, sie wissen immer noch, welche deutschen Familien irgendwo gewohnt hatten. Doch gibt es nicht mehr die Angst vor “den Deutschen”, die irgendwas zurück haben wollen.

Zum anderen sind die Unterschiede zwischen dem ländlichen Polen und dem deutschen Hinterland kleiner als gedacht.
Landflucht, Verfall, abgehängt von der Staatsbahn, Schlagworte, die man auch in der Eifel oder in Meck-Pom kennt.

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