Oh tempora, oh mores
Was für ein Kinosamstag. Ok, es war nur Heimkino mit dem Streaming-Dienst, aber immerhin.
Das Intro war “Transformers – Ära des Untergangs”, fast drei Stunden Zeitverschwendung. Gut, es ist ein Actionfilm und hat Roboter-die-Autos-werden-die-Roboter-werden zum Thema, aber ein wenig an Geschichte, Charakterentwicklung und LOGIK erwarte ich trotzdem. Hat der Film aber nicht. Nur die üblichen Klischees “böse CIA”, “Saulus-Paulus”, “Vater-Tochter-Schwiegersohn”. Gähn. Soviel zum Nachmittag.
Abends auf der Couch gab es lecker Essen und dazu einen Film, den Amazon in die Kategorien “Fantasy”, “Romantik” und “Komödie” eingestuft hatte. Klappentext:
“Das amerikanische Paar Gil und Inez macht Urlaub in der französischen Hauptstadt und genießt die gemeinsame Zeit in der Stadt der Liebe. Als sie einen alten Bekannten, den kulturell beflissenen Intellektuellen Paul, treffen, tut sich vor allem Gil mit der unerwarteten Begleitung nicht leicht. Als Gil eines Abends allein durch Paris streift, erlebt er die Nacht seines Lebens.” (Quelle: Amazon Instant Video)
Mehr wusste ich nicht, aber ich mag Zeitreisen, letzten Sommer war ich ein paar Tage in Paris und Komödie kommt auch immer gut. Also, “Start” und mal schauen. Im Vorspann stolperte ich erst einmal über den Hauptdarsteller, Owen Wilson spielt “Gil”, der erfolgreichen Drehbuchautor aus Hollywood, der lieber in Paris leben würde. Und der die Zwanziger total super findet. Das soll Owen Wilson machen? Der Kasper aus “Shanghai-Noon/Knights”, “Starsky&Hutch” und “Nachts im Museum”? Dazu noch Carla Bruni, richtig, die Frau des ehemaligen französischen Präsidenten. Worauf habe ich mich da nur eingelassen?
Also, ohne groß was zu verraten – Gil ist mit seiner Verlobten und den Schwiegereltern in Paris. Seine Verlobte findet ihn toll, Paris findet sie aber blöd und ist genervt von seinem Spleen, von Malibu nach Paris zu ziehen, um “echter” Schriftsteller zu werden. Seine Schwiegereltern finden Paris UND Gil doof… Dazu kommt noch Paul, ein ehemaliger Studienkollege von Inez, der zufällig mit seiner Freundin auch in Paris ist und einem echt auf den Keks gehen kann – ein Besserwisser vor dem Herrn.
Genervt seilt sich Gil nach einer Weinprobe von der Gruppe ab und tappst alleine durch die dunklen Straßen von Paris. Ein Oldtimer hält vor ihm, die Leute im Wagen laden ihn ein und los geht die Reise in die Zwanziger. Gut, der DeLorean war als Zeitmaschine cooler, aber eine große Limousine mit Chauffeur geht auch. Er trifft eine Traumfrau, diverse Stars der damaligen Zeit (z.B. Picasso, Hemingway) und lernt was fürs Leben.
Und darum geht es mir, wenn ihr wissen wollt, wie die Geschichte ausgeht, müsst ihr den Film schauen!
Was haben wir gelernt? Letztlich war für mich die Essenz, dass die verklärte Vergangenheit auch nicht so toll war und dass die Menschen dieser Zeit sie als, nun, einfach “alltäglich” empfinden und selbst viel lieber woanders wären. Und wer von uns hat sich nicht schon einmal vorgestellt, wie es wäre, in einer anderen Epoche zu leben? Doch die ganzen Bücher und Filme zeigen uns immer nur die außergewöhnlichen Dinge, ob nun Musik, Partys, Kriege – aber keinen Alltag, der für 99,9% der Menschen langweilig ist. In jeder Zeit.
Am Ende leben wir hier und heute und müssen aus der Gegenwart das Beste machen. Und wenn andere Menschen uns dafür belächeln oder beschimpfen – so muss man doch seinen Weg gehen. Mit etwas Glück fällt einem dann eben auch Fortuna auf den Schoß und lächelt uns an.
Wer weiß, vielleicht man auch die 1990er in hundert Jahre für eine goldene Zeit halten. Eurodance wird als klassische Musik empfunden, heutige Schriftsteller sind dann Schulstoff wie Brecht und Hemingway. Autos wie der Opel Calibra sind Stilikonen, für die Millionen bezahlt werden… Und die neueste Retrowelle in der Mode basiert auf Ballonseide und Schulterpolstern. Unvorstellbar?
…the answer is blowin´ in the wind!
PS: Owen Wilson hat seinen Job sehr gut gemacht. Vielleicht lag es am Regisseur: Woody Allen. Der Film hatte 2012 vier Oscarnominierungen erhalten, darunter als “Bester Film”. Eine Perle, über sowas stolpere ich immer mal wieder…