Cowboys überall
So. Deutschland hat vorgestern nicht gewonnen. Aber das ist auch das einzige, was ich heute Vormittag Schlechtes über die letzten beiden Tage sagen kann. Der Rest war “AWESOME!”
Nach dem Spiel ging es in Richtung Stampede Park. Mein Groß-Groß-wasweißich-Cousin Chris hatte uns eingeladen, die Generalprobe für die große Abendshow bei einem Dinner anzuschauen. Ok, mal schauen, was das ist. Die Loge vom Rotary Club Calgary. Ach so? Auch wenn ich mit meinen Klamotten nicht direkt aufgefallen bin, irgendwie… doch! Vor allem, da Chris wirklich jeden zu kennen schien, so dürfte sich die Anwesenheit der Gäste aus Übersee schon rum gesprochen haben, bevor wir bei der Begrüßungsrede des Vorsitzenden noch mal extra erwähnt wurden.
Bei der Schlange für das große Buffet wurde mein Vater dann auch gleich ins Gespräch verwickelt, hätte nicht vermutet, dass er sich so entspannt mit Rotariern über Brexit und Merkel unterhalten würde! Das Buffet war schon richtig groß, diverse Fleisch- und Salatsorten, ich bin zwei Mal hingegangen… dazu muss aber gesagt sein, dass ich mir den Teller nicht schon beim ersten Mal voll geschaufelt habe bis zum Anschlag. Woran ich mich noch erinnern kann:
- Asia-Nudelsalat, griechischer Salat, Nudelsalat mit Oktopus, grüner Salat
- Grillgemüse und Rosmarinkartoffeln, Rohkost (Staudensellerie – bäääähhh!)
- frisch aufgeschnittenes Roastbeef, indisches Hühnchen (Masala?), trockene Spareribs (fast ohne Fleisch), Lachs im Blätterteig
- Schokoladenkuchen, Eis mit Minidonuts, Vanillemousse im Schokoladentopf
Bei dem Vanillemousse wurde ich von meinen Tischnachbarn darauf hingewiesen, dass man die Verpackung auch essen kann. Peinlich, hätte ich beinahe Schokolade übersehen… Zu trinken gab es Dosenbier (kein frisch gezapftes) und standesgemäß eine üppige Weinkarte. Nach einem Blick auf die Preise bin ich dann mal beim Bier geblieben. Zwar hat uns Chris großzügigerweise eingeladen, aber irgendwie hab ich dann doch Hemmungen bei so was. Selbst eine Flasche “Hauswein” (Pinot Noir) stand mit fünfzig Dollar in der Liste…
Nach dem Essen sind wir vom Esstisch in den Bereich der Loge mit Blick auf die Bühne umgezogen. Direkt erste Reihe an der Glasscheibe. Dann begann die Ablaufprobe – erst mal die Nationalhymne, natürlich live gesungen und mit Marching Band. Und die ganze Loge sang inbrünstig mit. Wieder, muss man sagen, denn vor der Eröffnung des Buffets gab´s das schon mal im kleinen Kreis. Nationalhymne und Gebet. Wobei das Mädel auf der Bühne besser gesungen hat als der Rotarier.
Nach einer langatmigen Vorstellung der Honoratioren und wer so alles gespendet hat und und und ging dann die Show los. Eine Mischung aus Revueelementen, die mit Gesang und Tanz die verschiedenen Epochen der Stampede wiederspiegelten (von 20er Jahre Outfits bis “Purple Rain” und irgendwas, das nach Justin Bieber klang), und Akrobatikvorführungen.
- Die Ukrainerin auf der dünnen Slackline – verdammt beweglich und gut koordiniert
- eine Akrobatin, die in der Luft über die Bühne flog an Drähten – nicht wirklich neu, aber im Freien und der Höhe hatte ich das noch nicht gesehen
- sechs Jungs und ein Mädel, zwei Trampoline und dazwischen ein offener Kasten, tolle Show, wirklich beeindruckend, mit welchem Timing die ihre Sprünge da abgezogen haben
- Wettkampf zweier Ölbohrteams, wer am schnellsten eine 50 Meter lange Leitung verlegen kann – Alberta ist eben Ölbohrland
- Seiltänzer oberhalb der Bühne, nicht wirklich spektakulär, fünfzig Meter hin – oh, und bei den 50 Metern retour haben sie unter dem Seil gezündelt, da wurde es doch schon heißer
- Motoradsprungshow – immer wieder geil anzusehen, die älteren Zuschauer in der Loge waren komplett aus dem Häuschen
Am Ende der Show, untermalt mit einer Schlußchoreographie auf der Bühne, startete das Feuerwerk. Über fünf Minuten lang und einfach nur WOW! DANKE CHRIS.
Und das Beste daran – wir konnten die komplette Show am Freitag noch mal sehen, weil ich schon Tickets gekauft hatte…
Freitag morgens noch etwas unmotiviert, die Nacht war doch lang gewesen. Draußen ist die Eröffnungsparade der Stampede, doch wir haben die faul im Hotelzimmer angeschaut… Doch dann noch aufgerafft und zum Heritage Park gefahren. Ein Freilichtmuseum, dass die Entwicklung Calgarys von einem kleinen Fort an einer Flussmündung bis in die 20er Jahre darstellen soll. Mit einem Dampfzug, einem Schaufelraddampfer auf dem “Glenmore Reservoir”, einem kleinen Jahrmarkt für die Kinder, einer kleinen Farm wie bei den Waltons, Fort und Indianerzelte und einer schönen Autoausstellung. Wirklich sehr schön gemacht und dank vieler authentisch gekleideter Angestellter auch lebendig. Der Park steht in jedem Reiseführer als Must-Have und ich denke, zu Recht.
Aber jetzt wieder zur Stampede. Eigentlich dachte ich, das wäre halt eine Show mit Rodeo und Cowboys. Bisschen naiv. Ein wirklich großer Rummelplatz, etwa die Größe vom Hamburger Dom, dazu noch große Ausstellungen aus dem Agrarbereich (Pferde, Schafe, Hühner, Schweine) und Fressstände in allen Größen und Sorten. Fritierte Oreo-Kekse, Footlong Bacon Wraped Pizza Dogs, ein Riesenbarbecue von fünf der besten BBQ-Grills der Stadt. Dazu noch diverse Vorführungen den ganzen Tag über. Dazu abends noch Auftritte namhafter Musik-Acts. Wirklich eine Riesensache. “Wie der Hessentag – aber in 3XL und mit Cowboys”.
19:45 soll die Show schon losgehen, aber die Bühne steht noch rechts, außerhalb der Pferderennbahn. Der alte Mann neben mir hatte es gleich durchschaut – Chuckwaggonrace! Vier vierspännige Planwagen müssen bei Start und Ziel erst einen Achter um zwei Tonnen fahren, dann geht´s einmal die Runde ums Oval und der Schnellste hat nicht immer gewonnen. Es gibt irgendwie Strafsekunden, wenn man eine der Tonnen umfährt, wenn man die Ladung (ein “Stone” aus Plastik, der beim Start hinten in den Wagen geworfen wird) verliert oder wenn die beiden Begleitreiter am Ziel nicht nahe genug hinter dem Wagen sind. Kickifatz! Wenn da vier Wagen losbrettern, die Hufe über den Sand donnern, das ist der Hammer. Und immerhin geht es für die Fahrer auch um echtes Geld. Jeden Abend neun Rennen, insgesamt 36 Gespanne, und am Ende werden 1,1 Millionen Dollar Preisgelder ausgeschüttet. Und beim Versteigern der Werbeplätze auf den Planen der Wagen kamen letztes Jahr wohl auch ein paar Millionen zusammen. Neun Rennen, unterbrochen von kleinen Spielchen auf der Bühne, wenn die Bahn neu präpariert wurde, super Sache. Immerhin kamen die langsamsten Wagen nach 1,18 Minuten durch Start und Ziel.
Nach dem neunten Rennen eine gute halbe Stunde Umbaupause, dann stand auch die Bühne am richtigen Platz und wir konnten noch mal die Show vom Vorabend bewundern. Die Teile mit den “Young Canadians” waren wieder teilweise etwas zu sweet für meinen Geschmack, aber die Trampolinnummer und die Motorradsprüngen waren wieder klasse. Und zum Abschluss noch mal das Feuerwerk. TOLL TOLL TOLL.
Zurück in die Stadt dann per CTrain, wieder mit den ollen Wagen der Siemens-Düwag, mindestens 25 Jahre alt. Der selbe Typ “U2” ist bei der Frankfurter U-Bahn 2016 ausgemustert worden… Und wie man es aus Frankfurt zur Rushhour kennt, voll gestopft bis oben hin. Ein Glück konnten wir nach drei Stationen wieder raus und die letzten Meter zum Hotel laufen.
Am heutigen Samstag geht es noch mal zur Stampede. Tickets für das mittägliche Rodeo, noch eine Runde über das Gelände schlendern, Häppchen essen. Und dann wird es traurig, Koffer packen, morgen Nachmittag geht schon der Flieger nach Hause. Muss das sein???
PS: Und einen Hut hab ich mir gekauft, zwar nur aus Mesh (diesem netzartigen Plastik, wie es auch als Luftgitter in Sportschuhen ist), aber immerhin in schwarz und irre kleidsam 😉