Zivilisation und endlich Wale!
Inzwischen kennt man die Strecke von Tofino nach Nanaimo schon. Bei durchgehendem Nieselregen und mehr Verkehr als auf dem Hinweg aber nur begrenzt besser. Auf der Ostseite der Insel ist das Wetter aber schon deutlich besser und frohen Mutes geht es in Richtung Süden. Und außerhalb der engen Gebirgstäler funktioniert auch das Satellitenradio wieder! Der Verkehr wird immer dichter, je näher man nach Victoria kommt, welches die Hauptstadt von British Columbia ist. Und diesen Status lässt sie auch raus hängen. Direkt am inneren Hafen, in Rufweite unseres Hotels, steht ein großes Parlament. Gefühlt größer als der Reichstag zu Berlin und nachts richtig opulent beleuchtet. Und was macht man? Im Fünfsternehotel fragt man dafür einfach die Concierge.
Abendessen gefällig? JAWOHL. Dann gehen sie doch mal ins KEG Steakhouse. Ich reserviere ihnen gleich mal einen Tisch. Sonst noch einen Wunsch? Wir müssen morgen noch rüber nach Vancouver, kann man da vorher noch Wale gucken? Natürlich! Ich empfehle ihnen da Eagle Wings, mit Walgarantie. Warten sie, ich ruf mal schnell an. Jo, das geht, soll ich…? JUPP!
Und was soll man sagen? Beides absolut gute Tipps. Nach einem kleinen Bummel durch die Innenstadt ins Steakhaus und richtig gut gegessen. Ok, das mit dem Steak haben die hier halt raus, muss man nicht drüber reden. Aber auch unsere Vorspeisen waren richtig gut. Wer würde erwarten, dass man am anderen Ende der Welt eine französische Zwiebelsuppe bekommt, die genauso so ist, wie sie sein soll? Da kann man nur gut gesättigt nach Hause dackeln. Und schlafen…
Von Walen habe ich zwar nicht geträumt, aber morgens war ich doch etwas aufgeregt. In einem kleinen Café um die Ecke nahmen wir nur einen kleinen Snack. Selbst die Dame an der Rezeption musste zustimmen, dass man nicht für 30 $ pro Person das Buffet buchen muss, wenn man es nachher vielleicht an die Fische verfüttert. Shuttle vom Hotel zum Boot, rein in die dicke Jacke und rauf auf den Eimer. Sieht in etwa aus wie ein großes Speedboat und legt auch ein ordentliches Tempo vor. Killerwale gibt es heute, dazu Robben und Seelöwen. Vielleicht einen großen Wal, wenn der nicht schon wieder abgehauen ist. Das Boot lag gut im Wasser, bei ruhiger See auch kaum Schläge und Spritzer. Das sei aber nicht immer so, sagte unser Skipper. Der stand im übrigen im T-Shirt am Ruder, während alle anderen in langen Klamotten, zum Teil mit Handschuhen und Mütze da bibberten. Eisenhart oder verrückt, aber das hatte ich ja schon in Tofino bei den Surfern thematisiert…
Und da sind sie, die Orcas. Eine Familie von etwa 30 Tieren zieht langsam zwischen Vancouver Island und dem amerikanischen Festland ostwärts. Komplett entspannt, sicher 45 Minuten fuhren wir neben ihnen her. Immer mal ein bisschen nach vorne fahren, dann Motor aus und wieder warten, bis die Tiere auftauchen. Ich hab sicher 100 Fotos gemacht, aber meistens die guten Motive um Millisekunden verpasst. Da sind die Jungs mit den teuren Nikons doch besser dran, bei den Kompaktkameras ist die Auslöseverzögerung einfach zu groß. Am Ende kamen die Wale richtig nah an unser Boot heran und sprangen durch die Luft. Richtig geil.
Auf dem Rückweg zum Hafen gab es noch eine Insel, die von Seelöwen und Robben bevölkert wurde. Laut Skipper eine Kolonie von Junggesellen, die beim alljährlichen Frauenverteilen keine abbekommen haben. Und die jetzt den Sommer über Fressen, Schlafen und sich untereinander kloppen. “Wie eine Gruppe Colleage-Studenten”. Und streng riechen tun sie auch – was wohl vor allem für die Studenten ein Problem ist, die ab und zu aus wissenschaftlichen Gründen auf der Insel übernachten. Man solle für den Ausflug dringend Nasen- und Ohrenstöpsel einpacken, sonst wäre das nicht lustig…
Den großen Wal haben wir heute leider nicht gefunden, also ab ins Auto und mal schauen, ob wir wenigstens die Fähre finden. Diesmal lief alles perfekt, außer dass mal wieder die Entfernungen unterschätzt wurden. 45 Minuten bis zur Fähre, dann ein wenig warten. 90 Minuten Überfahrt und bei leidlichem Stau in die Innenstadt von Vancouver – noch mal fast eine Stunde. Alter Falter! Aber gut, im Hotel wartet im 21. Stock eine tolle Aussicht und ein gemütliches Bett. Noch kurz eine Runde durch den Hafen drehen zwecks Gegend anschauen und Cola und Wasser nachkaufen, dann ins Bett.