Fusionsfieber

Nein, es handelt sich nicht um einen Science-Fiction-Thriller über alternative Energiegewinnung. Sondern um den Zusammenschluß zwischen zwei großen Börsen aus New York und Frankfurt. Und ich mittendrin. Hmmm, mal überlegen, man macht sich ja schon so seine Gedanken zwischen Klo und Dusche.

“Deutschland übernimmt in der neuen Company die Führung”. Was ein Blödsinn! Je nach Quellen sind 50-70% der DBAG-Aktien in anglo-amerikanischer Hand. Für die neue Firma heiß das nach Adam Riese (wenn man von 80% anglo-amerikanischen Aktionären bei der NYSE “Euronext” ausgeht):

60% DBAG x 0,6 + 40% NYSE x 0,8 = 68% anglo-amerikanische Aktionäre im neuen Unternehmen

Wo da langfristig die deutsche Führung herkommen soll, weiß ich nicht. Fehlt mir vermutlich der “unternehmerische Blickwinkel”. Aber ich hab halt auch nicht studiert, vermutlich liegt es daran. Wobei, wenn man den Blick nach Paris lenkt, wird einem schon bange. Die Euronext (Zusammenschluß diverser europäischer Börsen unter französischer Führung) wurde im Juni 2006 mit der NYSE fusioniert, um einer Übernahme durch die DBAG zu entgehen. Parallelen zu heute: es sollte eine “Fusion unter Gleichen” sein, der NYSE-Chef wird Chef der neuen Firma, der andere Chef wird Verwaltungsratschef. Und heute? Da steuert New York diese Firma, Paris/Europa sind nur Anhängsel und Befehlsempfänger. Ob die Amis dasselbe Konzept nun mit den Krauts spielen wollen?

Weiter im Text. Wir basteln eine neue Firma mit 6000 Mitarbeitern, Milliardenumsätzen und runden 25 Milliarden Börsenwert. Also, was haben die Vorstände nun für Ideen, was man mit dieser neuen Firma machen kann? Expandieren? Marktanteile ausbauen? Neue Märkte erschließen? Mit der Portokasse könnte man immerhin jährlich 1-2 afrikanische Staaten aufkaufen – bevor es die Chinesen tun. Nein, die einzige Zukunftsperspektive, die den Märkten präsentiert wird, ist: “wir können durch Synergien Kosten sparen, 300 Millionen im Jahr”. Also zumindest auf Frankfurter Seite eine Fortsetzung des bisherigen Kurses.
Dabei ist doch sogar dem Kleinkrämer in der B-Ebene klar, dass man bei den Kosten maximal 100% sparen kann. Während man den Profit auch um 200-300% steigern kann. Leider bieten die Beratungsfirmen nur “Cost saving”-Projekte an, da kann man durch Copy-Paste identische Konzepte auch 10-Mal verkaufen.
Um die Einnahmen- und Gewinnseite zu steigern, müssten sich die Unternehmenlenker schon selbst Gedanken machen. Leider hat man da ausser der ISE-Übernahme in den letzten Jahren nicht viel gesehen (Kaufpreis 2,8 Milliarden USD, Abschreibungen in 2009/2010 insgesamt ca. 870 Millionen Euro). Ob da nun mehr kommt? Eigentlich muss man sich freuen, dass nun ein neuer Lenker kommt – manchmal kehren neue Besen wirklich gut. Nur ob der Standort Frankfurt da wirklich gut wegkommt, ist doch eher fraglich. Gegenüber den üblichen von Beratungsfrimen verkauften Near-Shoring- oder Outsourcing-Lösungen sind wir zu teuer und gegenüber Arbeitsplätzen in New York sind wir einfach nicht genug “USA”. Schwierig, schwierig.

We will see – said the blind.

One Response to “Fusionsfieber”

  1. Stephan sagt:

    Punktlandung. Wiedermal ein Zahlenspiel oder wie verkaufe ich ein Ereigniss. 60 zu 40 für die dt.Anteilseigner ? Wohl kaum, seit Donald Rumsfield wissen wir ja was die Amis wollen ; einmaschieren,einkassieren. Da bleibt nur ein Trostpreis für die heimatliche Belegschaft aus dem Taunusdorf. Uns kann es letzlich egal sein, wir sind Teil der Tochtergesellschaft mit Sitz in Luxembourg und Prag.
    Also lass Mutti mal machen.

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