Verliebt in Berlin
Aufgewacht und ab zum Frühstück! Was gibt es denn Leckeres? Hmmm, nun gut, 3-Sterne-Standard, kann man so lassen. Tomatensaft ist aber irgendwie immer da – also runter damit. Dani schüttelt es jedes Mal, wenn sie dabei zusieht. Aber heute steht Kultur auf dem Programm, die Museumsinsel soll es sein, immerhin stehen da fünf Museen auf einem Haufen. Dazu noch ein Klotz von Dom und alles unter strahlend blauem Kaiserwetter. Nofrete ist mit ihrem ganzen Hausstand aus dem “Alten Museum” in das renovierte “Neue Museum” umgezogen, da könnte man ja mal einen Blick drauf werfen. Doch vor das Museum haben die Berlin eine Riesenschlange gesetzt!
Exkurs: Nach dem Krieg nannte man Berlin die “Stadt der Warenhäuser”: “kiek, hier waren Häuser, da waren Häuser…” Heute erscheint mir Berlin als die “Stadt der Schlangen” – überall muss man anstehen. Am Telespargel, am Reichstag, am Neuen Museum, auf allen Straßen und vor öffentlichen Bedürfnisanstalten. Schlangen, Schlangen, Schlangen.
Also lieber in die “Alte Nationalgalerie”, auf Kunst aus dem 19. Jahrhundert stehe ich ja auch – doch was darf man lesen? “Montags Ruhetag”? Ja, seid ihr den Friseure oder ne Wirtschaft mit Schnitzel und Tagessuppe? Alle anderen Museen auf der Insel haben sieben Tage die Woche offen… Also, was steht hier denn noch? Pergamonmuseum – kenn ich. Hier sind griechische Exponate und das alte Zweistromland vertreten, dazu auch noch ein Islamisches Museum, ab, rein da. Beeindruckend. Anders kann man den Eindruck nicht beschreiben, hier sind nicht ein paar Vitrinen aufgestellt, sondern originale Teile alter Stadtmauern aus dem Orient! Den Pergamonaltar kennt man ja, ebenso das Ischtar-Tor (kenne ich zumindest von alten DDR-Briefmarken), aber noch andere große Ausstellungstücke beherrschen die Räume. Dazu bekam man einen kleinen MP-3-Player, der einem die wichtigen Daten zu den Stücken ins Ohr flüsterte. Nicht schlecht gemacht, so hat man nicht diesen nervigen Lärmpegel von drei Touri-Gruppen in drei Sprachen im Museum.
Nach gut zwei Stunden Kultur braucht man eine Pause, ab ins Museumscafé. Lecker heiße Schokolade mit Baileys, dazu Schokokuchen – sehr lecker. In der Zeit kann man auch die Postkarten schreiben, die ich obligatorisch verschicke. Sicher völlig altmodisch, aber ich freue mich jedes Mal, wenn ich zwischen den Rechnungen und Werbezetteln mal einen bunten Gruß von weit weg im Briefkasten finde.
Auf dem Kurfürstendamm haben wir dann auch einen Postkasten gefunden, um die Postkarten einzuwerfen. Auf dem Weg dorthin kamen wir vor der Humboldt-Universität an einem Bücherflohmarkt vorbei, hier gab es alles, von Hegel bis Hägar (sogar in derselben Kiste!). Und mit dem 100er Bus ab zum Bahnhof Zoo – echt ein Sightseeing-Bomber! Sitzplatz oben vorne, gute Sache. Der Ku´damm hat mich eher enttäuscht, eine zwar große Straße voller Geschäfte, aber mehr auch nicht. Aber Dani wollte ja noch an einen besonderen Ort, soll sie selber erzählen:
Berlin und Kaufhäuser – was fällt einem dazu spontan ein? Na klar, das KaDeWe (Kaufhaus des Westens). Das größte Kaufhaus Europas, das muss man mal von innen gesehen haben. Sogar einen Kaufhausführer in mehreren Sprachen gab es an der Information am Eingang. Vorbei an den Topmodemarken ging es mit der Rolltreppe ins 6. OG. Wir waren angekommen im Mekka der Feinschmecker und Naschkatzen. Theken mit Pralinen, Torten und sonstigen Leckereien wurden uns geboten. Unterm Strich aber nur ein normales Kaufhaus im zugegeben XXL-Format für Besitzer einer gut gefüllten Brieftasche. Dani
Ach was, ein “Reiseführer” für ein Kaufhaus? Hab ich nicht mal bemerkt… Schickimickimarken, wo man hinschaut, in dem Laden hätte ich kein Geld lassen wollen (außer bei den Süßigkeiten, aber da muss man hart sein). Also Haken an die Checkliste und ab Richtung Hotel, noch ein Nickerchen machen vor dem Konzert. Hierbei wäre es hilfreich, wenn man in die richtige Richtung mit der U-Bahn fährt, kurz vor dem Olympiastadion haben wir das aber noch bemerkt. Und so eine U-Bahn-Rundreise hat ja auch ihren ganz eigenen Charme, irgendwie…
Abends ging es Richtung Konzert, am Alex spontan ein Bratwurstbrötchen vom Bauchladen-Griller. Komische Leute gibt es hier.
Exkurs: Fressbuden in Berlin gibt es mehr als Banker in Frankfurt. Würstchen, Crêpes, Sandwiches, natürlich Döner, Burger – und Dunkin´ Donuts alle drei Meter! Gemäß Homepage gibt es in Berlin 23 von deutschlandweit 30 Filialen. Unfassbar, diese Versuchung… (und grad frag ich mich, ob ich einen an der Waffel hab, weil ich keinen einzigen Donut gegessen hab!)
Vor der o2-World steht die “East Side Gallery”, ein Kilometer langes Mauerstück, das internationale Künstler bemalt haben. Sehr beeindruckend, selbst in der herein brechenden Dunkelheit. Dieses lange Betonband, dass sich noch vor 20 Jahren durch die ganze Stadt gezogen hat und darauf die sehr unterschiedlichen Bilder, von abstrakt bis fotorealistisch. Und immer wiederkehrendes Motiv der Schlabberkuss zwischen Breschnew und Honecker – immer wieder gruselig.
Nach dem Konzert (Hauptartikel hier) ging es durch die nächtlichen Bahnen ins Hotel, unspektakulär. Umso lustiger war das Frühstück, da saßen nämlich ein paar Amis mit im Raum, so Anfang 20, die sich über ihre letzte Nacht unterhielten. Und vermutlich nicht dran dachten, dass es Englisch-Unterricht an deutschen Schulen gibt. 🙂 Die Nacht böse durchgelumpt, “juice is good against hangover” – ja ne, is klar! Und der süßen Blondine wurde es beim Rausgehen wohl klar, dass ihr euphorisches “I´m coming” missverständlich sein konnte. Denn sie meinte zu mir “you liked this one, didn´t you?” – “Yes mam!”
Nachdem die Koffer gepackt und in den Schließfächern verstaut waren, ging es zum letzten Mal auf die Straße. Checkpoint Charlie steht noch auf dem Zettel, außerdem der Gendarmenmarkt – und wenn ich gewusst hätte, was mich DA erwartet! Checkpoint Charlie war eher ernüchternd, schließlich steht da nur das kleine Wachhäuschen, paar Sandsäcke und eine Menge Infotafeln zur Geschichte der Mauer, die versuchten Fluchten, die Toten… Nett gemacht, aber hat man doch alles schon im Fernsehen oder in Büchern gesehen. Da fand ich das Mauerstück am Postdamer Platz noch spannender, während mich die Architektenträume da nur wenig angesprochen haben – auch das kennt man von anderswo auch. Gerade das Sony Center fand ich öde, bis auf das Glasdach über der Plaza mit dem sinnfreien Stahlpenis einfach nichts tolles, Glastürme um einen Platz eben…
Aber nun ab zum Gendarmenmarkt, denn schon beim ersten Kurzbesuch war mir da ein Laden ins Auge gesprungen: Fassbender und Rausch. Schokoladen-Laden wäre untertrieben, das ist schon deutlich feiner. Alle Sorten Schokolade, von Vollmilch bis “Arg-Bitter”, Nougat, Trüffel, mit Nüssen, Mandeln… mir läuft jetzt schon wieder das Wasser im Mund zusammen! Vor dem Gang zum Checkpoint Charlie hatten wir im Café im ersten Stock schon einen kurzen Stopp eingelegt, mit Törtchen mit Mousse au chocolat und Marzipan… dazu lecker Schokolade mit einem GUTEN Schuss Jamaica-Rum. La la la…
Und nach der Kultur ist vor dem Schokoladen-Einkauf, kennt man ja – und der Einkaufskorb füllt sich schnell mit Schachteln, Dosen und Tütchen. Und wie in einer Parfümerie gibt es noch ein paar Proben in die Tüte! Doch soll auch die Dekoration nicht unerwähnt bleiben, nämlich Berliner Wahrzeichen in Schokolade. Der Fernsehturm aus 50 Kilo Schokolade, der Reichstag, die Gedächtniskirche, das Brandenburger Tor und die Titanic, alles aus großen Schokomengen und auch gut aussehend.
Noch ein kurzer Weg über den Gendarmenmarkt, zwei Dome auf 100 Meter und auch die umstehenden Häuser sehr schön. Man kann hier sehr schön sehen, wie die Neubauten sich in die Reihe mit den älteren Gebäuden einreihen. Nicht nur die Firsthöhe ist gleich, auch die Fassadenverkleidung ist sehr ähnlich, nur mit z.B. größeren Fenstern und natürlich anderen Materialien. Und mit diesen letzten Eindrücken geht der Urlaub zu Ende, gewaltige Steingebäude im Sonnenschein…
Nun noch zurück ins Hotel, Koffer aufnehmen und in den Berliner Hauptbahnhof. Während ich die entspannte Atmosphäre der Lounge genoss, ging Dani noch mal auf die Pirsch und verschwand für eine gute Stunde im Shopping-Bereich. Eine echte Win-Win-Situation, bis der ICE nach Frankfurt einlief. Und der Typ da am Bahnsteig, den kenne ich doch? Jürgen Trittin fährt ganz brav als Grüner auch Zug statt Dienstbenz. Platz nehmen und Rückfahrten kommen mir irgendwie immer länger vor als Hinfahrten, geht euch das auch so? Dafür gab es lecker Chili an den Platz gebracht, noch so ein kleiner Service in der 1. Klasse. Und das war lecker, ehrlich!
Frisch gestärkt geht es nun zum Endspurt, im wahrsten Sinne – denn mit Glück könnten wir eine S-Bahn nach Hofheim erreichen, die rund drei Minuten nach Ankunft des pünktlichen(!) ICE abfährt – also loshechten, marsch, trab trab. Und da schau ich so auf die Anzeigetafel und denk so: “wieso steht da eigentlich 8 Minuten?” Weil Dani den Abfahrtszeiten von der Hauptwache im Kopf hat – und wir am Hauptbahnhof stehen… Oder weil sie mich armen alten Mann mal durch den Bahnhof hetzen wollte?
Wie auch immer, home sweet home… und so kam Piggeldy mit Frederick nach Hause…