London, Stadt der U-Bahn

Letztes Wochenende habe ich meiner Sammlung eine weitere Hauptstadt hinzu gefügt. Nach Berlin, Luxemburg und Paris war die britische Hauptstadt mein Reiseziel, denn das C2C-Festival findet nur auf der Insel statt. Dabei kommen diverse Größen der Nashville-Szene für drei Tage über den Teich und spielen abwechselnd in London, Dublin und Glasgow. Ich hatte mir eine Karte für den Freitag besorgt, da sollte Brad Pasley auftreten, von dem ziemlich alle CDs in meinem Schrank stehen. Über mein Lieblingsreisebüro wurden Flug, Hotel und ein bisschen drum herum gebucht und dann gewartet…

Freitag zum Flieger, das geht seit ein paar Monaten mit dem “Expressbus” direkt ab Hofheim Bahnhof in einer knappen halben Stunde. Käffchen, dann durch die Sicherheitsschleuse (ohne Beanstandung, dazu komme ich noch) und mit dem spärlichen Gepäck am Gate warten. Boarding ging gut, Sitzplatz war ok, Verspätung nur beim Start, die Landung war pünktlich. Über das belegte Brot bei der Lufthansa breiten wir mal den Mantel des Schweigens, dafür war das Personal wirklich freundlich.
In London angekommen war es wieder erwarten trocken, durch den Ausgang zum Heathrow Express geflitzt und zum Bahnhof Paddington. Den Namen kennt man ja, Miss Marple und so! Ist aber auch “nur” ein großer Bahnhof. Mit reichlich Baustelle, so daß der Weg zur U-Bahn ein bisschen zum Suchspiel wurde. Und dann war es doch die falsche Linie. Also noch mal umsteigen, bis die… Moment… Circle Line, ja die ist richtig. Tower Hill. Aus dem Bahnhof raus und schon steht man vor dem berühmten Tower of London. Größer als ich dachte. Normalerweise sieht man nur das kleine Gebäude mit den vier Türmchen in der Mitte, aber da ist noch eine ganze Festungsanlage drum herum. Auf dem Weg zum Hotel konnte ich auch noch einen Blick auf die Tower Bridge erhaschen, auch sehr groß.
Hotel eingecheckt, der Blick geht vom Zimmer direkt auf die Brücke, sehr geil. Bett bequem, in den Schränken Platz genug für den Inhalt meines kleinen Koffers. Aber jetzt hält es mich hier nicht länger, die Musik ruft, das Konzert. Laut Google Maps sollte die U-Bahn nur über die Brücke sein, dann links. Alles easy. Wenn es in London nur eine Brücke gäbe… Kleines Orientierungsmalleur. Führt zu mehr Fußmarsch. Durch London. Aber nach ein paar Meter und Unterstützung netter Einheimischer fand ich noch die U-Bahn-Station “Bermondsey”, drei Stationen weiter konnte ich aus der Sardinenbüchse wieder raus. Die O2-Arena. Eine riesige Anlage, und ich kenne ja schon einige große Hallen in Deutschland. Hier ist über eine Arena für 20.000 Zuschauer noch eine Kuppel gestellt, die um die Halle herum noch eine sehr große überdachte Fläche überspannt. Mit reichlich fest installierten Restaurants, Geschäften – und einer großen Baustelle. Man gewöhnt sich langsam daran. Schnell noch die Vorräte aufgefüllt mit einer Cola und einem Brötchen mit Bockwurst (nein, so was ist KEIN Hot-Dog!) und dann in die Halle, Platz finden.

Als ich rein kam, war die erste Sängerin bereits auf der Bühne. Jennifer Nettles, von ihr kannte ich nur ein, zwei Lieder. Und hatte mich selbst gedisst, als ich beim Videogucken so dachte “puuhhh, so ganz jung ist die auch nimmer!”. Ja, Torsten, die Frau ist gerade mal zwei Jahre älter als du selbst… Autsch. Aber ordentliche Stimme und Performance, schön den Laden aufgeheizt, was ja bei zwei nachfolgenden Acts eine ziemlich undankbare Rolle ist. Danach kam auf einer kleinen Bühne am anderen Ende der Halle, quasi direkt vor meinem Sitzplatz, ein Nachwuchskünstler an die Reihe. Chase Bryant, nie gehört von ihm, und mit einer komischen Stimme. Nicht überzeugend. Chris Young im Anschluss war schon ein anderes Kaliber, allerdings mir ein bisschen zu träge und balladenlastig. Gut eine Stunde lang war sein Auftritt, eine Steigeirung gegenüber den 40 Minuten von Jennifer Nettles.
Die zweite Pause füllte dann CAM, ein junges Mädel, auch eine gute Leistung auf der kleinen Bühne. Und dann fieberte nach einer allgemeinen Pipi- und Bierpause alles auf die Hauptattraktion hin. Brad Pasley, Jahrgang 1972, sein erstes Album mit Ende 20 direkt Platin, zwei Singleauskopplungen auf Platz 1 der US-Countrycharts. Seitdem sind da noch sechzehn Charttopper und eine Gibson-Signature-Gitarre dazu gekommen. Also ein absolutes Schwergewicht in der Nashville-Szene. Sein Auftritt war der Hammer. Kann man nicht kleiner sagen.

Nur ein paar Highlights:

  • 24 Lieder gespielt laut Setlist, insgesamt rund eineinhalb Stunden auf der Bühne
  • statt nur Nutzung der Lightshow auch auf die Videowand voll genutzt, die meisten Lieder mit passenden Videos hinterlegt
  • mitten in der Show von der vorderen Bühne auf die kleine Bühne gewechselt, quer durch die Masse, und dann das ganze wieder zurück – und dabei weiter gesungen und Gitarre gespielt
  • zwei Duette mit anderen Künstlern (Chris Young und Chase Bryant)
  • Quatsch gemacht mit den Zuschauern, Selfies mit fremder Leute Mobiles – die werden nie wieder abgewischt…
  • Detail am Rande… er greift sich seine bespielte Gitarre und nen Edding, signiert die Klampfe… und reicht sie einen kleinen Mädchen in der ersten Reihe. Die hat vermutlich bis nach Hause den Mund nimmer zu gekriegt. Sein Kommentar nur: “Learn to play it.” Und dann: “So you create the next Taylor Swift!”

Die Rückfahrt war dann recht unspektakulär, bisschen Warten in West Ham, die beleuchtete Tower Bridge bestaunen und gegen halb eins ins Bett fallen. Unruhiger Schlaf und um kurz vor sieben war die Nacht vorbei. Na, das kann ja heiter werden. Frühstück ist so lala, ziemlich überfüllt und laut, normales englisches Büffet, bisschen Obst. Der Kaffee ist heiß. Genau wie die Dusche. Damit kann ich leben. Auf dem Weg zum Bus noch einen Stopp beim Supermarkt, trinken muss der Mensch.
Das Imperial War Museum ist ähnlich gemacht wie das in Calgary – große echte Exponate, Multimedia-Shows und sogar mit echten Zeitzeugen. Zumindest aus dem zweiten Weltkrieg. Insgesamt sehr ordentlich, viel Informationen, mal interessant, “die andere Seite” zu hören. Auch in England gab es Lebensmittelrationierung und Ersatznahrungsmittel. Und dass Krieg insgesamt einfach Sch…e ist, gut, das ist keine neue Information.

Nach einer Stärkung im museumseigenen Bistro (Hamburger, Süßkartoffelfritten und Wasser) und einem kurzen Schwenk über den Souvenirladen ging es wieder raus in die feindliche Umwelt. Hinüber zum Parlament lenkte Google Maps meine Schritte, über die Westminster Bridge (sehr hübsche Lampen) am Elizabeth Tower vorbei bis zum Stand der roten Busse für die Stadtrundfahrt. Unglaublich, was Menschmassen. Wenn auch vermutlich auf der ganzen Brücke kein einziger Londoner war…
Mit dem Bus durch die Stadt kutschiert zu werden, oben auf dem offenen Oberdeck, das ist jedes Mal eine tolle Sache. Vor allem, weil man überall aussteigen und wieder zusteigen kann. Buckingham Palace, Trafalgar Square, Parlament, London Eye, Tower, St. Pauls Cathedral, Westminster Abbey – ich hatte die ganz lange Tour gewählt, die “alles” abklappert. Von Trafalgar Square bis Green Park gelaufen. In erster Linie, weil ich ein wenig nach Souvenirs schauen wollte. Aber auch, weil ich dazwischen irgendwie keine Haltestelle des Busses gefunden habe. Aber so konnte ich ein bisschen im Gewühl untertauchen, an den Läden von Haymarket und Piccadilly vorbei. Schöne Auslagen. Doch dafür waren teilweise meine Kreditkarte und teilweise der Platz im Koffer zu klein, sonst kann man da richtig Geld ausgeben… und für den Tourinippes hab ich eh kein Geld mehr übrig.
Die letzte Hälfte der Bustour war schon im Dunkel der Nacht, am Palast vorbei und zurück zum Westminster Palace. Über die Brücke und am London Eye wieder vom Oberdeck runter klettern. Wurde jetzt auch schon ziemlich kühl da oben. Am Riesenrad angekommen stellte sich eine ganz andere Frage: WO IST DIE SCHLANGE?! Die Antwort war eher simpel – der Einlass ist ab 18 Uhr geschlossen. An einem Samstag Abend. Ich war also knapp eine halbe Stunde zu spät. Ironischerweise war das ungefähr die Zeitspanne, die ich am Green Park auf den Bus gewartet hatte. Enttäuscht zog ich weiter, vor der Abreise hatte ich in der Nähe noch einen Jazzclub mit Restaurant gefunden. Die nächste Pleite. Obwohl es noch nicht mal sieben war: “Heute komplett ausgebucht, ohne Reservierung keine Chance.” Ich hatte noch überlegt, zu reservieren, aber für welche Uhrzeit? Hatte ja keine Ahnung, wann ich mit dem Riesenrad durch gewesen wäre. Beim nächsten Mal…

Die U-Bahnstation hieß dann passenderweise “Waterloo”. Im Hotel gab es erstmal eine heiße Dusche, ein bisschen Aufräumen und dann noch ein kleines Abendessen im hoteleigenen Restaurant. Die Rechnung war saftiger als das Clubsandwich. Aber zwei Guinness und ein Single Malt ließen mich gut schlafen. Über vier Meilen Fußmarsch. Da braucht es keinen Fernseher zum Einschlafen…

Sonntag früh, Koffer fertig gemacht, Frühstück und noch ein paar Postkarten fertig geschrieben. Nach dem Check-Out ließ ich meinen Koffer im Hotel stehen und ging noch ein bisschen an der Themse spazieren. Auf den Tower hatte ich keine Lust mehr, wäre mir zeitlich vielleicht zu knapp geworden. Bisschen die HMS Belfast von außen anschauen, das Panorama aus Tower Bridge, Tower of London und Wolkenkratzern genießén und dann langsam Richtung Flughafen aufbrechen. Diesmal lief der Transfer deutlich besser, halbe Stunde bis Paddington und vierzig Minuten nach Abfahrt des Heathrow Express war ich schon durch die Sicherheitsprüfung.

Einschub: Ich hatte ja berichtet, dass ich in Frankfurt ohne Probleme durch die Röntgenkontrolle kam. Um so größer war meine Überraschung, als ich in London rausgewunken wurde. “You have scissors in your suitcase.” – “HÄÄÄÄHHH???” Wo die charmant lächelnde Beamte recht hatte, hatte sie recht. Die Schere war seit meinem Kanadaurlaub in meinem Kulturbeutel gewesen und ich hatte sie da schon lange vergessen. Rausgenommen, entsorgt, für die Sicherheitsbeamte war der Fall damit erledigt. Aber ich kam nicht darüber hinweg. In Frankfurt war mein Handgepäck auch durchleuchtet worden, die Schere war genau an derselben Stelle (XYZ-Koordinaten) im Koffer). Da kommt man schon ins Grübeln, ob der ganze Aufriss sich lohnt, immerhin ist FRA ja kein Miniflughafen irgendwo in der Dritten Welt, sondern hält sich für ein Premiumprodukt…

Der Rest ist schnell erzählt: warten aufs Boarding, dabei noch mit einem pakistanischen Flughafenangestellten eine Umfrage durch geackert. So verging wenigstens die Zeit, dann rein in den Flieger und ruckelfrei heim. Das Taxi bis zur Haustür war rumpeliger…

Fazit: Da will ich auf jeden Fall noch mal hin, eventuell vier statt zwei Nächte. Dafür vielleicht zwei Konzertabende? Und im Restaurant reservieren! Und genießen.

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