Victoria und die Autobahn

Nach dem Gekraxel am Wochenende nun zurück zum Kulturprogramm. Immerhin muss man ja auch was von Stadt sehen, also auf nach Downtown. Praktischerweise ist das nicht weit, sondern gerade mal zwei Blocks entfernt. Zunächst das “Maritime Museum” – ganz nett, aber wieder eins von der Variante “20 Minuten ist man durch”. Texte an großen Schiffsmodellen erzählen die Entwicklung der Schifffahrt zwischen Vancouver, Seattle und Victoria. Dazu ein paar Gemälde eines Künstlers, der Stationen der Fahrt von Captain Vancouver abbildet. Jo, der Kerl hieß wirklich so wie die Stadt, die nach ihm benannt ist.

Ein kurzer Bummel durch “The Bay Centre” zeigt, dass auch die Einkaufszentren in Kanada nur mit Wasser kochen – Sonnenbrillen, Handyladen und Schuhe. Immerhin hängt da ein Flatscreen, auf dem steht “ENG 1 – ISL 2”. Darauf trink ich doch mal aus meiner Wasserflasche!

Als nächstes kommt das “Royal British Columbia Museum” dran, ein riesiger Klotz direkt neben dem Parlament. Nun muss es aber echt mal was taugen! Und wir waren beide überrascht, mit wie viel Aufwand alles in Szene gesetzt war. Zunächst eine Sonderausstellung zum Thema Mammuts, inklusive einer Leihgabe aus Russland – ein mumifiziertes Mammutkalb, knapp einen Monat alt. Dazu zahlreiche Videos, die auch den Kinder erklären sollen, worum es geht.
Im Anschluss daran folgt die Ausstellung über die Natur im allgemeinen und die von British Columbia im Speziellen. Sehr schöne und große Dioramen zeigen die Lebensräume, den Regenwald und die Küstengebiete. Mit passender Geräuschuntermalung und zusammengekniffenen Augen könnte man es sogar für echt halten.

Im dritten Stock sind die beiden Ausstellungen über die First Nations und die Besiedlung British Columbias durch die Weißen. Gerade der große Teil über die Indianer zeigt, dass diese auch heute noch großen Einfluss haben, indem sie bei einem so großen und staatlichen Museum sehr stark in die Gestaltung eingreifen. Es wird klar gezeigt, dass die verschiedenen Stämme an der Küste und auf den Inseln schon eine lange Geschichte hatten, bevor die Engländer hier ankamen. Besonders beeindruckend war eine Halle mit Totempfählen, die im Halbdunkel sehr Ehrfurcht einflößend sind. Und das originale Haus eines Häuptlings, dass im Museum wieder aufgestellt wurde.

Danach kommen so um 1800 die Weißen ins Spiel, erst als schlichte Pelzhändler, dann in Massen zum Goldrausch. Und über den Bergbau entwickeln sich größere Siedlungen und auch Reichtum. Auch hier sehr schön gemachte große Dioramen, sogar eine kleine Goldgräberstadt mit Saloon und Bahnhofshalle ist dabei. Lustig fand ich besonders zwei Schaukästen, die typische Souvenirs aus zwei Epochen zeigten. Zum einen aus den 20er Jahren, als reiche Europäer die Welt als neues Reiseziel entdeckten. Der Westen Kanadas war, von Asien aus kommend, da schon ein beliebtes Ziel – klar, die Natur war damals schon atemberaubend und die Bahnlinie durch die Rocky Mountains zwischen Vancouver und Banff existiert schon seit 1900 oder so. Und die diversen Fairmont Hotels bieten auch heute dem verwöhnten Publikum jeden Luxus, den es von zu Hause kennt. Entsprechend hochwertiger waren damals auch die Souvenirs.
Und dann ist da Epoche von 1950 – 2000, in der gibt es dann alles, was auch heute noch die Läden verstopft und später bei den Reisenden verstaubt – Tassen, Teller, Aufnäher und -kleber, Fahnen, Shirts und Jacken in allen Ausprägungen. Nur Wimpel sind irgendwie aus der Mode gekommen. Und da hing noch eine große Badehose im Design der Fahne von BC – das wäre ein Musthave!!!

Am nächsten Morgen schon wieder Koffer packen. Heute muss es zügig gehen, damit wir nicht allzu spät am Lake Okanagan ankommen. Dachte ich zumindest. Doch erstens kommt es anders… aber der Reihe nach. Zeitig gut weg gekommen am Hotel, war bis zur Fähre kein Verkehr auf der Straße. Und schon konnten wir sogar eine Fähre früher von Vancouver Island weg. Super! Wenn auch der hinterste Platz auf der Fähre inklusive millimeterknappem Einweisen durch das Personal und Bremsklotz am Hinterrad nicht allzu viel Vertrauen erweckt. Na, wird schon klappen. Noch mal eine kleine Kreuzfahrt durch die Inseln unter strahlendem Sonnenschein, frischer Wind bläst heute über das Oberdeck. Und eine Stunde früher als geplant hat das Festland uns wieder. Nun noch rund 400 Kilometer nach Osten und schon sind wir da. Wenn unser Navi einen aktuellen Kartensatz hätte. Scheinbar gibt es inzwischen eine Umgehungsautobahn südlich des Fraser River, die unser Navi nicht kennt. Völlige Verwirrung, aber am Ende sind wir doch noch auf dem Transcanada Highway gelandet. Kopfschüttelnd und mehr auf den Stand der Sonne vertrauend als auf die moderne Technik. Und weiter geht es, in die Berge, da muss der Motor nun schon mehr arbeiten, aber 3,5 Liter Hubraum und runde 260 PS ziehen auch aufwärts noch gut. Dafür geht die Tanknadel langsam nach unten. Ein Rastplatz im Nirgendwo namens “Britton Creek” bietet Zeit zum Verschnaufen in der Natur, doch am Ende geht´s doch weiter. Langsam ändert sich auch wieder die Vegetation, die dichten Nadelwälder machen der trockenen Vegetation hinter der ersten Höhenkette der Rocky Mountains Platz. Dieser Wechsel war mir auch vor vier Jahren aufgefallen, Kamloops liegt auch in einer recht öden Landschaft.

Endlich sind wir am Lake Okanagan. Der Tank bietet noch Sprit für rund 60 Kilometer, als endlich eine Tankstelle auftaucht. Rüssel reingesteckt, gute 60 Liter eingefüllt und nun stehen da wieder 800 Kilometer. Die letzten Kilometer sind immer die schwersten, sagen die Marathonläufer – und für uns trifft das heute auch zu. Unser Navi kennt die Adresse nicht so wirklich, die auf der Hotelwebsite steht. Darum fahren wir zweimal daran vorbei, auch weil das “Pinacre on the Lake” am Highway kein Schild aufgestellt hat, um den Feldweg zu markieren, der von der Straße abgeht.
Doch sowohl das Zimmer als auch die private Terrasse entschädigen dafür am Ende. Ein wunderbares Panorama über den See, Badewanne und ein gemütliches Bett laden zum Verweilen ein. Erst aber noch ein kleines Abendessen im Bootshafen, kleiner Bürger mit Hähnchenbrust und “Orange Pop”. Als ich “Fanta” haben wollte, hat mich die Bedienung angeschaut, als hätte ich einen Blowjob von ihr erwartet. Komisch eigentlich, sie kennt das nicht, dabei standen in Vancouver im Supermarkt noch FANTA-Dosen ganz normal im Regal. Aber im hiesigen Laden war später dann auch nichts davon zu sehen. Dafür stand da wieder das gute Gerolsteiner – “german water quality, you know?” Und ich bin mir immer noch unsicher, ob die Mutti mich an der Kasse anbaggern wollte, als sie wissen wollte, ob “beets” Obst oder Gemüse sind. Erst später ging uns beiden auf, dass sie rote Beete meinte und ihre Tochter ärgern wollte, die an der Kasse stand. Der war es auch sichtlich peinlich… Hat man schon so einen miesen Job und dann verarscht einen die Verwandtschaft abends um halb neun noch.

Der Mittwoch ist der Ausruhtag. So was von. Immerhin wird das Frühstück um halb neun aufs Zimmer gebracht, das kann man dann auf der Terrasse mit Seeblick genießen. Und im Anschluss schaue ich mal, wie man zum Dock runter kommt. Unten an der Steilküste hat das Hotel (drei Zimmer) seinen eigenen Bootssteg mit Kanus, Kajaks und Liegestühlen. Sehr gut, um ganz entspannt in der Sonne zu liegen, zu lesen und ein paar Bilder zu machen. Und sich den Pelz zu verbrutzeln… aber egal! Abends noch ein kleines Abendessen mit Wiener Würstchen, Senf und Kartoffelsalat, german cuisine on the lake shore. Wunderbar. Hier bleib ich.

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