Eine Insel, die keine ist

Zunächst einmal ist die Fahrt nach Sylt mit dem Zug ein echter Schlauch, immerhin wird man gute acht Stunden durch geschüttelt. Und auf dem Hindenburgdamm ist dann kein Meer da – pünktlich zu unserer Ankunft Ebbe. Zum Glück hat die Nordostsee-Bahn in Altona auf uns gewartet, Verspätung hatte unser ICE schon in Kassel…

Auf Sylt wurden wir vom Hotel-Shuttle am Bahnhof abgeholt, richtig edel, Fahrer im schwarzen Anzug mit Schild in der Hand, große Limousine im Parkverbot. Da fängt der Edelurlaub schon mal gut an. Eine kleine Rundfahrt zum Weststrand und durch Kampen bei strahlendem Sonnenschein, dann in unser Hotel: “Hotel Fährhaus”, hier der Grundriss unseres Zimmers. Allein der begehbare Kleiderschrank ist größer als manch 1-Zimmer-Appartment mit Klappbett! Elektrisches Bett, Elektronik von B&O (2x TV, Boxen auch im Badezimmer), elektrische Rollos IN DER Glasscheibe. Fußbodenheizung, frisches Obst, gefüllte Gratisminibar. Und als kleines Goodie noch der “Aufdeckservice”, da wird abends das Zimmer noch mal aufgehübscht, frische Handtücher und so. Und eben das Bett aufgedeckt…

Auf den Schreck erst mal an den Strand, bisschen die Beine ausschütteln und den strammen Ostwind genießen. Blöd für den Surf Worldcup, gut für uns. Frische Luft vom friesischen Festland mit dem leicht muffigen Duft des freigelegten Watts. Mit einigen Fotopausen gut neunzig Minuten des Weges, runde fünf Kilometer zum Anregen des Appetits. Sowohl die Natur in Breitwand und Technicolor als auch die schicken Häuschen in Braderup. Überhaupt viele nette Häuser auf Sylt, aber nichts wirklich bezahlbar. Unsere Friedrichshöhe ginge auf Sylt nicht unter 750,000 Euro über den Bartresen.
Doch nun geht es zum Essen, Halbpension ist dabei, also mal schauen, was gezaubert wurde.

Menü Sonntag, 29.09.2013:

  • Kichererbsenpüree auf Aprikosenchutney
  • Variation vom Yellowfin Thunfisch (Karotte, Sesam, Orange)
  • Confierter Steinbutt mit offener Gemüselasagne und Parmesanschaum
  • Buttermilch, Himbeere und Zitrusfrüchtesorbet

Nach dem Essen kann man prima schlafen, sollte man meinen. Aber wirklich gut geschlafen habe ich drei Nächte lang nicht. Ich fürchte, es war zu leise und bequem… Aber ein ordentliches Frühstücksbuffet kann einen da retten. Rührei mit Speck und Krabben, Cappuccino, Avocados-Ananas-Salat und überhaupt eine nette Auswahl an kleinen Leckereien, die man eben nicht auf dem normalen Buffet findet. Und da kenne ich inzwischen im Bereich vier bis fünf Sterne wohl schon so einiges. Darum fand ich gerade die kleinen Töpfchen und Löffelchen besonders – hier mal eine gegarte Muschel mit Parmesan überbacken, da mal ein Schinkenröllchen mit frischem Kräuterschmand. LECKER! Und dazu noch Galloway-Schinken. Wer braucht da noch ein Salamibrötchen?

Busrundreise über die Insel, zwei Stunden Geschaukel von Westerland über Kampen nach List. Dort ein wenig Shopping in der “Tonnenhalle”, scheinbar wird auf Sylt alles ehemals maritim oder militärisch genutzte nun für den Tourismus recycled: das Fährhaus in Munkmarsch, in List eine alte Tonnenhalle. Und in den alten Wehrmachtsbunkern der “Festung Sylt” haben sich einige Restaurant eingenistet.
Ein paar Sachen noch eingekauft für die Heimat, und dann mal nach den Surfern schauen. Riesige Erlebnismeile haben die aufgebaut, sämtliche Sponsoren hatten ihre Stände. Preise wie im Stadion, mal eben dreifuffzich für eine kleine Cola, zweimal Backfisch beim Gosch für über zehn Euro. Und zu sehen gibt es auch nichts, immer noch Ostwind. So liegt die Surfstrecke im Windschatten der Insel, das Meer ist spiegelglatt und der Wind reicht nur für ein bisschen auf dem Wasser gleiten. Dafür Sonne und Strand. Doch insgesamt unspannend. Also noch ein kurzer Gang über die Einkaufsmeile und mit dem Taxi zurück ins Hotel.
Zum Anregen heute mal in die andere Richtung, ab nach Keitum, entlang der Wattkante, wieder viel Wind. Wieso machen die den Surfkram nicht einfach hier drüben? Ein Farbengewitter jeder Sonnenuntergang, ein Teil des Watts im Osten schon im Schatten ein Insel, ein Stück noch in der Sonne. Ein Träumchen…

Heute war übrigens  “Tag der Zugereisten” – unser Busfahrer aus Duisburg, die Taxitante aus ROSBACH und abends Grüne Soße auf den Teller… und dafür haben wir nun acht Stunden im Zug gesessen?

Menü Montag:

  • Rote Beete-Apfel-Süppchen im Shooter
  • Tranchen vom rosa gebratenen Kalbstafelspitz, mit Frankfurter grüner Soße, Kartoffelmousse und gebackenen Kapern
  • In Armoen gebratene Maispoulardenbrust mit zweierlei Pasta und Paprikapüree
  • Erdbeerbiskuit, Erdbeerblase und Sabayone-Haube

Heute ist Dienstag, morgen müssen wir schon nach Hause. Kurze Wehmut. Also heute noch mal durchstarten. Fahrräder stehen vor dem Hotel, mal schauen, ob ich es noch drauf habe. Diese Querstange, kommt die nach vorne oder hinten? Mal ein bisschen rollen lassen, ok, passt, Kurs nach Kampen. Die Uwe Düne soll es heute werden. Mit paarunddreißig Metern höchste Erhebung der Insel, mit allerlei Tricks am Wandern gehindert und mit einer Aussichtsplattform überbaut. Von oben ein wirklich toller Ausblick, getrübt nur von einigen dunklen Wolken am Horizont – und über uns. Also ab aufs Rad und mal im Smartphone schauen, wie man zur Kupferkanne kommt. Ehemaliger Bunker, nun ein bekanntes Cafe. Und wirklich, der Kuchen lecker, das Eis auch und proppevoll der ganze Laden. In der Nebensaison, dienstags um 11 Uhr. Was hier los ist, wenn Saison und Sonntag sich treffen, mag man sich kaum ausmalen.
Bis zum Hotel sind es nur knapp zwanzig Minuten mit dem Rad, reicht aber schon, um Lust auf ein Häppchen zu bekommen. Und die Wolken sind auch weg, also ab mit dem Picknickkorb in die Dünen. Kanapees mit Lachs, mit Weichkäse und Tiroler Speck, dazu Sekt und Obst… da baumeln die Füße auf der Bank und die Spaziergänger wundern sich. Who cares? Wir genießen die Aussicht, den Inhalt des Korbes und die Sonnenstrahlen. Abends vor dem Essen noch ein Gang über die Dünen und noch einmal an “unseren” Tisch im Restaurant setzen. Jeder Gast in der Halbpension behält “seinen” Tisch für die Zeit des Aufenthaltes – wieder so ein kleines nettes Detail.

Menü Dienstag:

  • Selleriemus / Forellenkaviar / Weingelee
  • Variation von Ziegenkäse – Melone / Honigschaum / Garnele
  • Geschmorte Keule vom Milchlamm / Chartreuse von Keniabohnen / Rahmkartoffeln
  • Variation vom grünen Apfel

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