Parallelwelten

Faszinierend, man kann doch sogar beim Privatfernsehen was lernen! Was wird auf die Ausländer in Deutschland geschimpft, mangelnde Integrationsbereitschaft, angsterregende Parallelgesellschaften, fremde Sprache und Kultur statt Bier und Schnitzel. Und neulich kamen dicht hintereinander zwei Sachen im Fernsehen – erst eine Reportage über den Zoll am Flughafen, als ein altes türkisches Ehepaar vom “Urlaub in Heimat” wiederkam und die Koffer voller Leckereien aus der Heimat hatte. Sowohl die Zöllner als auch die Off-Stimme kommentierten das Ganze mit einem amüsierten Unterton nach dem Motto “guck mal, der bringt lieber das Zeug von zu Hause mit, als ob es hier nichts zu essen gibt”.

Und was gibt es am nächsten Abend? Die Auswanderer, bzw. in einem dieser aktuell explosionsartig wachsenden Formate. Hmm, ok, was haben wir da? Papa besucht seine Tochter in Ägypten und hat was mit gebracht, so gehört sich das. Und was – Fertiggerichte, Tütensuppen, Konserven. Wie jetzt?! “Na, das Essen hier schmeckt ja auch, aber man vermisst halt schon so Sachen von daheim.” Ach was, woher kenne ich das nur?
Und was kommt noch? Deutsche Bäcker, die nach London gehen, um den Tommies zu verklickern, dass es noch was anderes aus Getreide gibt als labberiges Weißbrot. An sich ein begrüßenswerter Plan. Doch nanu, was machen die denn in der Freizeit? Mit den anderen Deutschen rumhängen, nur Deutsch sprechen und deutsches Brauchtum pflegen – Kaffee und Kuchen statt Teatime mit Gingerbread. Dazu deutsches Fernsehen – sag noch mal einer was gegen türkischen Tee und TRT.

Ich glaube fast, es kommt nur auf die kritische Masse an. Der Mensch als Herdentier versucht sich immer anzupassen – ist er allein (oder zu zweit zu dritt) in der Fremde, muss er sich dort anpassen, um Anschluss an diese neue Herde zu kriegen. Ist er aber nicht alleine, hat er seine Herde ja dabei und schließt sich vor den “anderen” ab. Die Türken machen das in Deutschland ebenso wie die Deutschen im Ausland – und noch extremer sieht man es in Touristengebieten. Hier wird von den Zugereisten das Vorhandene umgebaut – Wiener Schnitzel auf Malle, kaltes Bier in Thailand. So relativiert sich die Parallelgesellschaft daheim…

“Wir sind die Pauschaltouristen. Sie werden assimiliert werden. Widerstand ist zwecklos!”

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