Menschliche Betrachtungen… oder die Gruppendynamik in geschlossenen Systemen

Mein Gott, wat war isch uffgereschd!!! Mal gucken, wann fährt der Bus denn… Frankfurt mit ÖPNV ist immer eine (Welt)Reise wert. Also erst mal checken, hab ich alles mit? Schlüssel, Kohle, Eintrittskarte, Handy, iPod – check. Dann mal los, Busfahren ist schon der erste Teil der Reise, für mich als Autopendler jedesmal eine spektakuläre Erfahrung. Überhitzte Blechbüchse mit komischen Leuten drin… na ja, ich glaub, ich muss morgen erstmal mein Auto streicheln, wenn es mich entspannt über das Frankfurter Kreuz trägt. Am Bahnhof springen dann die ersten lila-orange gekleideten Fans ums Eck, und auch meine Schwester konnte sich dem Kult nicht entziehen – Pom-Poms (diese Cheerleader-Puscheln) und eine lila Kappe aufm Kopf. Aber sie ist scheinbar der Meinung, dass dieses Outfit noch nicht so ganz fertig ist… bei der Erwähnung, dass ich nächste Woche mal den Fanshop besuchen werde, kriegte sie diesen gierigen Blick im Auge… Frauen! 😉

“Nächster Halt – Stadion”… mein Gott, da gehen Traditionen den Bach runter, die Haltestelle hieß Jahrzehnte lang “Sportfeld”, genau wie der Sporttempel “Waldstadion” zu heißen hat… (Ich lese grade in der Wikipedia, dass dieser Bahnhof immerhin schon seit 1882 besteht, erst als Frankfurt-Goldstein und ab 1937 als “Sportfeld”. Aber vermutlich hatte man vor der WM Angst, dass die ausländischen Fans aus Paraguay, dem Iran oder München dann nicht aus dem Zug aussteigen) Jedenfalls wird es nun voll, hier bündeln sich die umweltbewussten Fans und latschen sich auf den Füßen rum. Nach dem Ausgang aus dem Tunnel das Schild “Stadion 0,7km”, ich werde nie verstehen, wieso man das Stadion nicht am Bahnhof bauen konnte. Ein Glück, da vorne, der erste Verpflegungsstand! Wichtig, auf einer so lange Reise regelmäßig die körpereigenen Depots nachzufüllen. Hochwertige Elektrolyt- und Proteinspender  wurden konsumiert, bevor die nächste Etappe in Angriff genommen wird. (Ok, es gab Bier und Würstchen, bevor wir die 300 Meter zum Eingang gelatscht sind, aber so kling das doch ein wenig langweilig, oder? *grins ) Eingang, Personenkontrolle? Ich soll mich von wildfremden Kerlen betatschen lassen? Ne ne, da setze ich doch einfach mal mein “Mr. Harmlos”-Gesicht auf und siehe da, weiter gehts. Hrhr, wenn die wüssten! Hinterm Eingang trafen wir dann einen echten Fan (Stehplatzdauerkarte und nichts am Körper, dass nicht lila oder orange war). Meine Schwester hatte da zum ersten Mal dieses Glitzern in den Augen, das gleiche hatte sie vorher, als es Sonderangebote für Nintendogs gab… ich glaub, da muss ich noch was springen lassen zu Lasten meiner Kreditkarte.

“Powerparty” –  also ich kenne Volksfeste/Rummel, die kleiner sind. Beeindruckend, welche Kalorienmengen da auf kleinstem Raum angeboten werden, aber ehrlich, mein Steak war nicht gut, bestand zur Hälfte aus Knorpel und Bindegewebe… und dafür 20 Minuten anstehen? Beim nächsten Mal nicht mehr – Memo an mich selbst. So, die Platzsuche gestaltete sich als Dauerlauf, da schlauerweise der direkte Weg vom Bahnhof zur Gegentribüne abgesperrt war – die Leute sollten ja zu den Fressständen hinter der Haupttribüne umgeleitet werden… also fast ein Mal ums Stadion rumlaufen zum Block – was soll´s. Sitzplatz gesichert, guter Blick aufs Spielfeld, was will man mehr. Ein bißchen pyrotechnisches Vorgeplänkel, ganz nett, aber wir wollen nun den Ball rollen sehen… ach ne, das Ding wird ja nur geworfen…

Die Gäste aus Amsterdam legten recht zügig los und führten schnell. Vor allem die Frankfurter Offensive Line (die im Angriff vor dem Quarterback stehen und den schützen sollen) hat mir nicht gefallen, zu oft wurde unser Spielmacher von  weißen Dampfwalzen angegangen – so wird das nix… und gegen japanischen National Nokiaki Kinoshita (Wide Receiver) war gestern auch kein Gras gewachsen, der holte ein ums andere Mal Yards für die Admirals. Die erste Hälfte endete Unentschieden 14:14, die Galaxy hatte zwei Führungen der Admirals ausgleichen können. Hmmm, Pause…. jaaaa, Bier! So kann die zweite Hälfte starten und was auch immer die Holländer sich eingeschenkt hatten – es war kein guter Stoff. Die Galaxy bestimmt das Geschehen, Amsterdam machte in der zweiten Hälfte keinen Punkt mehr und Frankfurt gewann 30:14. Dazu nette Cheerleader vor dem Block, so kann ein Abend geruhsam ausklingen… Der Rest war schon fast Standard, raus dem Stadion, noch mal Nahrung bunkern und per S-Bahn Richtung Heimat.

Wie war eigentlich die Stimmung im Stadion? GEIL! Zwar waren doch einige Blöcke ziemlich leer, gerade auf der Haupttribüne im Unterrang oder in der Ost-Kurve im Oberrang hätte man sich sehr einsam gefühlt… aber 38,500 Zuschauer machen auch schon ziemlich Lärm! Und selbst als Außenstehender war ich doch spätestens im zweiten Viertel von der Atmosphäre in den Bann gezogen. Man kann gar nicht anders, als mit zu klatschen und zu brüllen. Wobei ein Lärminstrument noch auf der Einkaufsliste steht. 🙂 Geht ja sonst gar nicht!
Die Stimmung war mit dem WM-Finale in Köln vergleichbar, fing ja auch beides mit dem Evergreen von Joe Haydn an, mies vorgetragen von einem Trompeter, der wohl nicht nach Takten sondern nach Dauer des Vortrags bezahlt wurde. Versucht mal, die Nationalhymne zu singen, wenn die Melodie ca. 15% langsamer läuft… sehr schwierig! Auch als es nicht gut aussah und die Admirals einen erfolgreichen Spielzug nach dem anderen abspulten, wurde es nicht leiser auf den Rängen, im Gegenteil. Nach der Pause, als der Erfolg und die erste Führung ins Lager der “Galaktischen” wechselte, gab es kein Halten mehr, Hexenkessel ist noch eine Stufe höher, aber viel fehlte nicht mehr, zumindest in unserem Block. 🙂
Daran hatten auch ein paar Amis schuld, die Plätze in der ersten Reihe hatten und mächtig abgingen. Kein Wunder, alle paar Minuten kam einer von ihnen mit zwei Litern Bier ran, handlich in 0,5-Liter-Bechern verteilt… die machten da vorne Sachen, die sogar mir peinlich gewesen wären… aber dafür schafften sie es auch, sich und damit unseren Block auf den Videowürfel zu bringen… mein Gott, ich bin im Fernsehen!!! Na, wird mich schon keiner erkannt haben…
In zwei Wochen  geht es wieder ins Stadion, die Galaxy spielt nächsten Samstag in Köln, mal schauen, vielleicht schau ich mir das Spiel im Kinopolis an. Das muss ich noch spontan entscheiden.

4 Responses to “Menschliche Betrachtungen… oder die Gruppendynamik in geschlossenen Systemen”

  1. Steffi sagt:

    Ich glaube, auch wenn ich kein Bayer bin (was allerdings viele in meinem hiesigen Umfeld glauben) muss ich nochmal mit Nachdruck darauf verweisen, dass DIE BAYERN (und damit auch die Münchner) KEINE AUSLÄNDER SIND!

  2. Pana sagt:

    Liebe Steffi,

    mit verlaub, so etwas können wohl nur Bayern behaupten. Des weiteren geb ich dir da vollkommen recht, sofern man selbst in Bayern lebt ist man auch kein Ausländer 😉 Alle anderen sind Ausländer ! ^.^

    grüss pna

  3. meik.betz sagt:

    Freistaat, mit dem freien Recht eine Mauer um sich herum zu errichten. Natürlich nur um sich selbst zu schützen!

  4. Steffi sagt:

    mmh komisch! also ich kann das auch behaupten ohne bayer zu sein!!!!
    und freistaaten gibts hier in deutschland auch noch ein paar andere! wird da son hype drum gemacht???
    zumal schlecht damit laufen tun sie ja offensichtlich nicht! abgesehen davon dass jeder neid behaftete anderes-bundesland-bewohner genüsslich über sie herzieht!

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